Leuchtturmschule Faustball

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Jugendfaustballerinnen und -faustballer,

Vielleicht sind wir heute Zeugen eines zukünftig historischen Ereignisses. Nämlich einer Jugendehrung im Faustball. Warum historisch? Naja, die Sportart Faustball ist dem Untergang geweiht. Vielleicht gibt es diese Art der Ehrung in einigen Jahren nicht mehr, vielleicht berichten wir unseren Enkelkindern in einigen Jahrzehnten aber auch von unserer Sportart wie unsere Großeltern uns heute vom Schwarzweißfernsehen berichten.
Warum so negativ? Bis in die 80iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war Faustball die Nummer 3 in Sportdeutschland. Nach Sportarten wie Fußball und Handball, aber weit vor den Basketballern und Volleyballern. Das erkennt man noch heute daran, dass man jedem Altersgenossen abseits von Ahlhorn, Wangersen und Bardowick erklären muss, was Faustball ist und wie man diese Sportart eigentlich spielt. Meistens folgt dann auch noch ein „Ah, Faustball. Das hat mein Opa früher auch mal gespielt, glaube ich!“.
In der vergangenen Hallensaison kamen zudem alle sechs Deutschen Meister der U14 bis U18 aus Niedersachsen. U.a. ihr seid heute hier. Was für den Niedersächsischen Faustball und natürlich für euch Jugendliche ein herausragender Erfolg darstellt, verdeutlicht doch auch eindrucksvoll wie schlecht es um die anderen Landesverbände in Faustballdeutschland bestellt ist. Norddeutsche Meisterschaften werden nur noch an einem Tag ausgetragen. Teams aus dem Rheinland und Westfalen sagen ihre Teilnahme mit folgender Begründung ab: „Warum sollten wir zwei Tage unterwegs sein, wenn am Ende ohnehin die Niedersachsen auf dem Podest stehen?“. Das alles und noch viele weitere Beispiele geben Anlass dazu, sich ernsthaft Sorgen um unsere tolle Sportart zu machen.
Doch es besteht Hoffnung. Und vor allem gibt es immer wieder einzelne Leuchttürme, die sich gegen diese Entwicklungen und Tendenzen stellen und an die es anzuknüpfen gilt. So wie das Beispiel der Marie Curie Schule Ronnenberg.
Auf dem ersten Blick scheint die KGS Ronnenberg eine ganz normale Schule zu sein. Etwa 1400 Schülerinnen und Schüler machen sich jeden Morgen um 8:00 Uhr auf den Weg in die Klassenräume. Welche Fächer stehen auf dem Lehrplan? Die üblichen Verdächtigen: u.a. Mathe, Geschichte, Englisch, Politik, Biologie und natürlich Sport.
Und was für Sportkurse werden dort in der Oberstufe so angeboten? Beim Stöbern durch die Wahlliste tauchen die üblichen Verdächtigen auf: Fitness, Schwimmen, Tanzen, Ski und Snowboard, Basketball und Handball. Und dann fällt einem der Sportkurs B3 in die Augen: „Entwickeln einer Sportart: Faustball spielen, Volley spielen“. Faustball spielen? Richtig. Faustball als Sportkurs in der gymnasialen Oberstufe. Nicht nur als AG, sondern so richtig. Mit Noten.

Doch wie konnte es dazu kommen:

Alles fing im Schuljahr 2013/2014 an. Auf Initiative von Andrea Bolte wurde ein Faustballsportkurs in der Sekundarstufe 2 angeboten. Andrea wollte Schülerinnen, die zu diesem Zeitpunkt im TuS Empelde aktiv und erfolgreich Faustball spielten, die Möglichkeit bieten ihre Abiturprüfung im Faustball abzulegen. Einfach war das nicht. Zwar hat Andrea selbst jahrelang Volleyball gespielt, aber bei den Details des Faustballsports war sie auf die Unterstützung der Empelder Trainer angewiesen.
Das große Ziel des Kurses war die Teilnahme an der Schulfaustballbezirksmeisterschaft in Hameln. Die KGS Ronnenberg stellte gleich im ersten Jahr drei Anfängerteams auf die Beine.
Seitdem gibt es jedes Jahr ein Faustballsportkurs in der Sekundarstufe. Mittlerweile sogar in jedem Halbjahr.
Im Jahr 2015 war es dann soweit, zwei Schülerinnen legten sehr erfolgreich ihre Abiturprüfung im Faustball ab. Faustball im Abitur. Wow, wie geil ist das denn?!
Seit dem Schuljahr 2015/2016 gibt es eine Kooperation zwischen der Schule und dem TuS Empelde. Der TuS bietet seitdem im Rahmen des Ganztagsangebotes eine Faustball AG an, aus der auch schon der eine oder andere in den Vereinssport gewechselt hat. Auch in der AG sind die Teilnahme an den Schulfaustballmeisterschaften die großen Highlights.
Im Jahr 2016 gab es auch auf Anregung von Andrea eine Lehrerfortbildung für alle Sportlehrer an der Schule. Seitdem findet Faustball auch regelmäßig im Sportunterricht in der Sekundarstufe 1 statt.
Im Jahr 2017 gab es eine weitere Abiturprüfung. Diesmal von der ersten „Nichtfaustballerin“. Diese hat sich beim Training des TuS gut vorbereitet und ist auch nach ihrer Prüfung weiter mit dabei.
Im Jahr 2018 fand die Schulfaustballmeisterschaft das erste Mal unter der Federführung der KGS in Empelde statt. Die KGS stellte mit 16 Teams die größte Abordnung. Die Vorbereitungen für dieses Jahr laufen bereits auf Hochtouren.

Durch diese und ganz viele weiterer kleiner Bausteine hat sich der Faustballsport an der KGS Ronnenberg etabliert und ist zu einer festen Größe geworden.

Was macht die KGS Ronnenberg also für uns Faustballer so besonders?

  • Regelmäßige Faustballkurse im Sportunterricht, sogar mit Möglichkeit der Abiturprüfung
  • Jährliche Teilnahme an den Schulfaustballbezirks- und Landesmeisterschaften
  • Lehrerfortbildungen
  • Faustball-AG im Ganztagsbetrieb

Das sind – mit Ausnahme der Sportkurse im Abitur – keine außergewöhnlichen Maßnahmen, welche die KGS Ronnenberg gemeinsam mit dem TuS Empelde anbietet, aber in ihrer Vielzahl sind sie doch einzigartig und besonders. Diese Maßnahmen und Angebote leben allerdings von außergewöhnlich engagierten Personen, in diesem Fall Andrea Bolte seitens der KGS Ronnenberg und Maxi und Robert Hüper seitens des TuS Empelde. Ohne das Engagement solcher Personen können solche Projekte nicht angestoßen, umgesetzt und am Leben gehalten werden und das ist nicht hoch genug zu würdigen.
Für dieses Engagement, die Umsetzung und die ständige Weiterentwicklung hat sich die Schule für den Faustballsport in Niedersachsen verdient gemacht und wird mit dem Titel Faustballschule des Jahres 2019 geehrt.
Wir Faustballer – alle die wir hier versammelt sind – brauchen solche sogenannten Leuchtturmschulen wie die Marie Curie Schule in Empelde und wir hoffen deshalb, dass die bisherige Erfolgsgeschichte Faustball erst der Anfang war und noch viele Jahre und Jahrzehnte fortgeschrieben wird.
Was kann jeder von uns hier tun? Liebe Jugendfaustballer, sprecht eure Sportlehrer an. Fragt sie, ob ihr eure Lieblingssportart einmal im Unterricht vorstellen könnt. Glaubt mir, ein Lehrer ist auch nur ein Beamter. Und jeder Sportlehrer ist froh und dankbar sich einmal nicht auf den Sportunterricht vorbereiten zu müssen, sondern euch die Bühne zu überlassen.