Erinnerungen an verfolgte Juden sollen nicht verblassen

HAZ / Calenberger Zeitung, 10. Nov. 2021 –Von Ingo Rodriguez

Die Stadt Ronnenberg, die Jusos, die KGS und der Förderverein Erinnerungsarbeit haben anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht der verfolgten Ronnenberger Juden gedacht. Unter anderem putzten Schüler alle Stolpersteine.

Gemeinschaftsaktion anlässlich des Jahrestages der Reichspogromnacht: Im Ronnenberger Stadtgebiet sollen die Erinnerungen an die Opfer der Nazi-Diktatur nicht verblassen. Bürgermeister Marlo Kratzke, die Jungsozialisten (Jusos), Oberstufenschüler der KGS und Vertreter des Fördervereins Erinnerungsarbeit Ronnenberg (FER) haben deshalb am Dienstag in der Kernstadt der ermordeten und verfolgten Ronnenberger Juden gedacht. Teil der gemeinsamen Erinnerungsarbeit war eine Putzaktion. Dabei brachten KGS-Schüler alle 25 Stolpersteine wieder auf Hochglanz.

„Eine tolle Idee der jungen Menschen“

Peter Hertel vom Förderverein zeigte sich vom Engagement seiner jungen Mitbürger beeindruckt: „Es ist toll, dass die Oberstufenschüler und die Jusos von sich aus auf die Idee gekommen sind, die Stolpersteine zu putzen“, sagte der FER-Vorsitzende zum Auftakt der Aktion. Er war gemeinsam mit seinem Stellvertreter, Ronnenbergs früherem Bürgermeister, Wolfgang Walther, zum Treffpunkt an der Straße Lange Reihe gekommen, um über die Geschichte der Ronnenberger Juden und der Stolpersteine zu berichten. „Die ersten Steine wurden seit 2005 zum Gedenken an die drei ermordeten Juden verlegt“, berichtete Hertel. Später seien weitere 22 dieser kleinen Mahnmale auch für diejenigen Juden verlegt worden, die von den Nazis aus Ronnenberg vertrieben worden seien.

Der Vorsitzende der Ronnenberger Jusos, Anton Halbrügge, wandte sich an die KGS-Schüler mit einer wichtigen Botschaft: „Ihr seid nicht dafür verantwortlich, was damals geschehen ist, aber dafür, dass so etwas nie wieder passiert.“ Halbrügge, der auch dem Jugendparlament angehört, verwies auf den Gemeinschaftscharakter der Aktion. Die Jusos hatten demnach bereits im Mai zum ersten Mal eine Putzaktion für die Stolpersteine initiiert. Daraufhin sei der Lehrer Mike Nebowsky von der Marie-Curie-Schule auf die Jusos zugekommen und habe eine Neuauflage mit Schülern angeboten. „Die Aktion ist wegen eines historischen Themas für eine Klasse aus dem 12. Jahrgang angestoßen worden“, berichtete Nebowsky.

„Ich wusste nicht, dass es auch in Ronnenberg Stolpersteine gibt“

Es war der Juso-Vorsitzende Halbrügge, der die 24 Schüler für die Putzaktion dann in sechs Kleingruppen einteilte und mit Putzlappen und Spezialreiniger losschickte. Die 18-jährige Rebecca verwies auf den lehrreichen Aspekt der Initiative: „Ich kenne die Bedeutung der Stolpersteine, aber ich wusste vor dem Unterrichtsthema nicht, dass es auch welche in Ronnenberg gibt“, sagte die junge Frau. Auch Mitschüler Lars räumte ein, von Ronnenberger Stolpersteinen zuvor noch nichts gehört zu haben. „Das Putzen ist eine gute Gedenkaktion“, sagte er.

Die beiden Schüler waren an der Langen Reihe vor einem der ersten Ronnenberger Steine zum Putzen in die Hocke gegangen. „Das ist der Stein vor dem Haus von Lina Cohen, die in einem Konzentrationslager ermordet wurde“, berichtete Hertel den Schülern. Erst 2019 seien dort die drei Steine für deren vertriebenen Sohn, die Schwiegertochter sowie den Enkel dazugekommen. „Mir kommt es darauf an, dass junge Leute die Erinnerungen und die damit verbundenen Bedenken gegenüber gesellschaftlichen Veränderungen aufnehmen und wachhalten“, sagte Hertel.

Begleitet wurde die Putzaktion auch von Bürgermeister Marlo Kratzke. Er habe bereits am Morgen anlässlich einer Gedenkstunde an der Stele der Stadt Ronnenberg betont: „Die Erinnerungsarbeit muss für die Stadt einen noch höheren Stellenwert haben“, wiederholte Kratzke. Deshalb sei es notwendig, künftig enger mit dem Förderverein zusammenzuarbeiten und weitere Veranstaltungen planerisch zu unterstützen.

Für Freitag, 12. November, laden der FER und die Stadt um 19.30 Uhr zu einem Bildervortrag im Gemeinschaftshaus ein. Unter dem Titel „Warum schwieg Papst Pius XII.?“ geht es um den fast 2000 Jahre alten christlichen Antisemitismus als eine Wurzel des Holocaust.

HAZ / Calenberger Zeitung, 10. Nov. 2021 –Von Ingo Rodriguez