HAZ / Calenberger Zeitung – Von Uwe Kranz, 24.06.2022
Die Corona-Pandemie erschwert die Berufsorientierung in den Schulen. Mithilfe von VR-Brillen können sich Mädchen und Jungen an der Marie-Curie-Schule jetzt Betriebe virtuell ansehen. Die notwendige Technik bezahlt der Förderverein.
Der erste Eindruck des Unternehmens ist spektakulär. „Ich musste mich an meinem Nebenmann festhalten“, erzählt Lehrerin Julia Steffen von ihrem Erlebnis im virtuellen Raum. Unter der VR-Brille hatte sie in der Drohnenperspektive beim Anflug auf ein Firmengelände beinahe das Gleichgewicht verloren. Für die Schüler der Marie-Curie-Schule (MCS) ist dieses Flugerlebnis derweil nur ein Randaspekt. Für sie geht es mehr darum, wie es innerhalb der Betriebe zugeht und aussieht. Die virtuellen Besuche sind nämlich eine Reaktion auf die wegen der Corona-Pandemie eingeschränkten Möglichkeiten der Betriebsbesichtigungen und sollen der Berufsorientierung dienen.
Nicht nur für Steffen ist es gut, dass die Besucher im virtuellen Raum bei Betrieb der VR-Brillen sitzen. Ringsumher gibt es in den 3D-Präsentationen der einzelnen Berufsfelder und Betriebe etwas zu sehen. Da kann man schnell die Orientierung im realen Raum verlieren. „Dein erster Tag“ lautet der Titel der Projektionen, die professionell von der Firma Studio 2B aus Berlin als 360-Grad-Rundgänge produziert werden. Dabei orientiere sich Studio 2B am regionalen Angebot von Firmen mit mehreren Niederlassungen oder stellt direkt örtliche Betriebe vor, erläutert Hauptschulzweigleiterin der MCS, Nadine Neubauer. Im Angebot sind insgesamt 140 Rundgänge aus den verschiedensten Branchen.
Kosten in Höhe von 3300 Euro für VR-Brillen kann Schule nicht stemmen
Schon seit geraumer Zeit habe man an der KGS mit dem Einsatz von virtueller Realität bei der Berufsorientierung geliebäugelt, schildert Steffen, Fachbereichsleitung Arbeit-Wirtschaft-Technik an der MCS. „In der Pandemie sind immer mehr Berufsorientierungsmaßnahmen weggefallen“, erklärt sie die Notwendigkeit. Die Kosten für das jetzt angeschaffte Starterpaket mit drei Brillen in Höhe von rund 3300 Euro seien aber aus dem Schuletat nicht zu stemmen, sagt sie.
Entgegen kam dem Vorhaben dann, dass auch der inzwischen neu formierte Förderverein der Gesamtschule in den vergangenen zwei Jahren nur wenige Projekte finanzieren konnte. So standen jetzt die nötigen Mittel zur Verfügung, wie Neubauer berichtet, die dem Förderverein ebenfalls angehört. Passend dazu hat die Schule allerdings auch ihre Unterrichtspläne geändert. In Absprache mit der Schulleitung wird in den Klassen acht bis zehn der Hauptschule sowie den Klassen neun und zehn der Realschule eine Stunde pro Woche der Berufsorientierung gewidmet – wenn auch zunächst nur für ein Halbjahr pro Schuljahr. Dies sei landesweit eine Besonderheit. Im Gymnasialzweig erfolgt die Berufsorientierung im Fach Politik/Wirtschaft.
Anschaffung von weiteren VR-Brillen erscheint sinnvoll
An der Präsentation der VR-Brillen waren auch Schüler maßgeblich beteiligt. Das Team Technik der Schule hatte unter der Leitung von Lehrer Ingo Horngacher eigens einen Film mit dem bekannten Komiker Mr. Bean produziert, mit dem es die Mitschüler auf die Anwendung vorbereiten will. Und auch die Schülerfirma Messerscharf konnte nach langer Wartezeit wieder einmal in Erscheinung treten und das Catering für die Anwesenden, zu denen auch die Schülervertretung und Mitglieder des Fördervereins und der Schulleitung gehörten, vorbereiten.
Aber auch ohne diesen großen Rahmen überzeugte das neue Konzept der Berufsorientierung. „Es ist von jedem Lehrer leicht anzuwenden“, sagte Steffen und ergänzte mit einem Augenzwinkern: „Von jedem Schüler sowieso.“ Dabei stehen die Filme nicht für sich, sondern werden durch entsprechendes Unterrichtsmaterial ergänzt. Bis zu vier Schüler in einer Gruppe können sich mit einer Brille beschäftigen. Trotzdem wünscht sich das Team der Berufsorientierung eine Erweiterung der Ausstattung. Auch vom Förderverein gebe es schon Signale, dass die Anschaffung von mindestens zwei weiteren Brillen sinnvoll sei, erzählt Neubauer.
HAZ / Calenberger Zeitung – Von Uwe Kranz, 24.06.2022