HAZ / Calenberger Zeitung, 26.01.2022 – Von Stephan Hartung
In einem leer stehenden Mehrfamilienhaus in Ronnenberg-Empelde haben sich Schülerinnen und Schüler der Marie-Curie-Schule künstlerisch entfaltet. Sie gestalteten die Räume zu diversen Themen.
Das war Kunstunterricht der etwas anderen Art – vor allem an einem ganz anderen Ort. „Das ist für uns etwas Neues. Das wünscht man sich öfter, wir haben hier großen Spaß gehabt“, sagt Muhammed. Hier, das ist ein leer stehendes Mehrfamilienhaus an der Memeler Straße in Empelde. Muhammed gehört zum Kunstgrundkurs des zwölften Jahrgangs von der Marie-Curie-Schule (MCS). Da das Haus bald abgerissen und von der KSG Hannover durch einen Neubau ersetzt wird, konnte sich Muhammed mit 20 weiteren Schülerinnen und Schülern des Kurses in zwei Wohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss künstlerisch voll entfalten. Zwei weitere Wohnungen im Parterre dienten Schülern des achten Jahrgangs für kreative Prozesse.
Seit Beginn des Schuljahres nutzen die Mädchen und Jungen in Kooperation mit dem Quartierstreff der KSG die Wohnungen als Kunstraum. „Wir kannten die Menschen nicht, die hier gewohnt haben. Aber die Schüler sollten sich damit auseinandersetzen, was es für Menschen waren und wie sie hier gelebt haben könnten“, sagt Kunstlehrerin Claudia Kick, die den Grundkurs leitet. Ob mit Malereien, Kleidungsstücken oder anderen Objekten und Utensilien – herausgekommen ist ein breites Spektrum fiktiver Geschichten.
Schüler thematisieren Flucht und Armut
In einem Raum haben Schüler das Thema Flucht aufgegriffen. Die Wände sind dunkel bemalt, verändern sich jedoch und werden heller in Richtung Fenster, das bunt und freundlich gestaltet ist. Inmitten des Raums befindet sich ein langer Ast, der wie eine Grenze aus Stacheldraht aussieht. Ohnehin finden sich viele Aspekte zu Armut wieder. Denn die Größen der Wohnungen und damit der Räume sind mit den Maßstäben und Vorgaben von heutigen Neubauten nicht zu vergleichen. „Die Schüler sollten sich auch mit der Frage beschäftigen, ob diese Häuser nicht doch als sozialer Wohnraum hätten genutzt werden können und ein Abriss wirklich nötig ist“, sagt Kick.
In einem anderen Teil einer Wohnung haben Schüler das Thema Wohn- auf den Bereich Meeresraum erweitert. Hier war Muhammed am Werk und hat gemeinsam mit Mitschüler Philipp einen Raum gestaltet. „Die Umweltverschmutzung der Meere durch den Klimawandel ist enorm. Wir haben Abfallprodukte in Form einer Welle an die Wand gebracht“, erzählt der 19-Jährige. Dabei gingen die beiden Zwölftklässler sogar mit aktuellem Bezug vor, an der Wand hängen auch Verpackungen und Kits von Corona-Schnelltests.
Eigenes Haus für Kunstwerke „ist Glück“
Da die Kunstwerke fertiggestellt sind, hat sich das Haus, das den Titel „AntiQuArt“ erhalten hat, mittlerweile in eine Art Museum verwandelt. Unterschiedliche Klassen besuchen während ihres regulären Kunstunterrichts das Gebäude. „Die vielen Geschichten mit den Steckbriefen haben mir gefallen“, sagt Anna-Lina. Die Zehntklässlerin findet es beeindruckend, ein komplettes Haus für die eigene Kunstgestaltung zur Verfügung zu haben. „Das ist echt Glück, das hätten wir auch gern gehabt.“ Noch bis zum Ende des Schuljahres sollen die Kunstwerke im Haus verbleiben, sagt Lehrerin Kick. Die Abrissbagger kommen aber erst etwas später, bis 2027 möchte die KSG das gesamte Quartier in mehreren Abschnitten neu gestalten.
HAZ / Calenberger Zeitung, 26.01.2022 – Von Stephan Hartung